Willst du mehr Verantwortung – oder einfach nur mehr Geld?
- Veronique Schmitz
- 30. März
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 5. Apr.

Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer Kollegin, die unbedingt Teamleiterin werden wollte. „Ich will mich weiterentwickeln“, sagte sie. „Mehr Verantwortung übernehmen.“
Klingt gut. Aber auf meine Nachfrage, was das konkret für sie bedeutet, wurde es still. Als ich von meinen eigenen Erfahrungen in dieser Rolle und den schönen aber vor allem auch den schwierigen Situationen berichtet habe, wurde es noch stiller.
Keine Idee, was genau diese Verantwortung sein sollte. Kein klares Bild, was sie als Führungskraft bewegen will und kann und mit welchen Grenzen sie umgehen muss. Und als ich weiterbohrte, kam irgendwann raus:
Eigentlich geht’s vor allem ums Geld und darum, irgendwie weiterzukommen – weil stehenbleiben keine Option ist.
Spoiler: Sie ist es geworden. Sie war damit unglücklich.
Ich hab dieses Gespräch in den letzten 10 Jahren in verschiedenen Rollen wie Agile Coach, Organisationsentwicklerin oder HR Lead so oft geführt und kann mich nur an eines erinnern, wo mir ein Kollege sagte: ich will mehr verdienen, dann mach ich halt das.
Karrierepfad: Führung oder nix?
In vielen Unternehmen gibt es genau einen Weg, um mehr zu verdienen oder „weiterzukommen“: (Disziplinarische) Führungskraft werden.
Ob man Lust auf Menschenführung hat? Ob man sich mit dem Gedanken anfreunden kann, mehr Zeit mit Abstimmungen als mit operativer Arbeit zu verbringen? Egal.
Wer nach oben will, geht den Weg der Verantwortung als Führungskraft – aber oft nicht, weil er führen will, sondern weil das System es so vorgibt. Und weil „mehr Verantwortung“ besser klingt als „ich will mehr Geld“.
Das ist kein Vorwurf. Es ist ein strukturelles Problem. Aber genau deshalb lohnt es sich, dass du mal ehrlich hinschaust – bei dir selbst und in deinem Unternehmen.
Verantwortung ist kein Titel. Verantwortung ist Haltung.
Wer in der Führung landet, ohne zu wissen, warum, brennt schneller aus. Oder andere ab.
Was bedeutet denn "Verantwortung"?
1. Verantwortung als Entscheidungsmacht
Die Fähigkeit (und Pflicht), Entscheidungen zu treffen – und für deren Konsequenzen einzustehen.
Das ist die klassische Führungsebene: Wer Verantwortung trägt, entscheidet – und übernimmt auch die Folgen (fürs Team, für Ergebnisse, fürs Unternehmen).
2. Verantwortung als Selbstführung
Das eigene Handeln bewusst steuern – im Sinne von Integrität, Verlässlichkeit und Initiative.
Auch ohne Führungsrolle kann man Verantwortung übernehmen – für Aufgaben, für die eigene Entwicklung, für das Miteinander im Team.
3. Verantwortung als Beziehungsgestaltung
Verantwortung übernehmen heißt auch, für andere Menschen da zu sein – sie zu begleiten, zu unterstützen, zu fordern und fördern.
In diesem Sinne ist Verantwortung nicht nur eine Sache der Position, sondern eben ganz besonders auch der inneren Haltung.
4. Verantwortung als Rechenschaftspflicht
Wer Verantwortung trägt, muss Rechenschaft ablegen – gegenüber Vorgesetzten, dem Team, Kund:innen oder der Gesellschaft.
Das ist der unangenehme Teil: Verantwortung bedeutet eben nicht nur Freiheit oder Gestaltungsspielraum, sondern auch Pflicht und Transparenz.
Verantwortung heißt also nicht: mehr Status und ein toller Titel auf der Visitenkarte. Es heißt: Entscheidungen treffen, mit Konsequenzen leben, andere Menschen in ihrer Entwicklung unterstützen, eigene Interessen zurückstellen.
Das will und kann nicht Jede:r – und das ist auch völlig okay.
Aber wenn der Antrieb nur Geld ist, gibt’s ein Problem. Denn dann ist Führung ein Mittel zum Zweck – und am Ende unbefriedigend für alle Beteiligten.
Was wählst du: Wahrheit oder Pflicht?
Mein Tipps für mehr Klarheit
Wenn du selbst gerade über deinen nächsten Karriereschritt nachdenkst – oder als Unternehmen überlegst, wen du fördern willst –, stell dir (oder deinem Team) mal diese Fragen:
Für Mitarbeiter:innen:
• Was genau reizt mich an „mehr Verantwortung“?
• Will ich Menschen führen – oder Prozesse, Projekte, Themen vorantreiben?
• Was ist eine erfüllende Aufgabe, auch wenn sie nicht mehr Gehalt bringt?
• Wäre ich bereit, Verantwortung zu tragen, ohne mehr Geld zu bekommen?
Für Unternehmen:
• Welche Karrierewege gibt es – abseits von Führung?
• Fördern wir Menschen in Führungsrollen, die das auch wollen?
• Wie sprechen wir über Verantwortung – als Rolle oder als Haltung?
Fazit: Karriere muss ehrlich sein.
Es ist okay, wenn Geld ein Treiber ist. Aber es ist nicht okay, so zu tun, als ginge es um „Verantwortung“, wenn eigentlich der monetäre Aufstieg gemeint ist.
Ehrlichkeit spart nicht nur Enttäuschung – sie führt auch zu besseren Entscheidungen. Für Menschen und Unternehmen.
Und du?
Was würdest du sagen, wenn du niemandem etwas beweisen müsstest:
Willst du wirklich führen – oder willst du einfach mehr verdienen?
Commentaires